Virtuelle Eigentümerversammlung – Warum sie kein Risiko, sondern eine Chance für Ihre Gemeinschaft ist
Viele Eigentümer sind zunächst skeptisch, wenn das Wort „virtuelle Eigentümerversammlung“ fällt. Die Sorge ist groß: „Was ist, wenn ich mich nicht einloggen kann?“, „Kann man da überhaupt ordentlich abstimmen?“ oder „Verliere ich nicht den persönlichen Kontakt zu meinen Miteigentümern?“ Gerade ältere Eigentümer fühlen sich von der digitalen Welt manchmal ausgeschlossen und befürchten, den Überblick zu verlieren. Doch die Realität zeigt: Die virtuelle Eigentümerversammlung ist nicht kompliziert, sondern kann das Miteinander sogar verbessern – wenn sie richtig umgesetzt wird.
1. Rechtlicher Rahmen: Sicherheit statt Unsicherheit
Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020 (§ 23 Abs. 1 WEG) besteht ausdrücklich die Möglichkeit, Eigentümerversammlungen nicht nur in Präsenz, sondern auch virtuell oder hybrid abzuhalten. Das bedeutet: Alles, was in einer „klassischen“ Sitzung beschlossen werden kann, ist auch online gültig – vorausgesetzt, die Gemeinschaft hat das per Beschluss oder in der Gemeinschaftsordnung festgelegt.
Damit ist die virtuelle Versammlung keine rechtliche Grauzone, sondern Teil des Gesetzes. Beschlüsse, die ordnungsgemäß gefasst werden, haben denselben Bestand wie solche im Saal. Die rechtliche Sicherheit ist also gewährleistet.
Darüber hinaus haben Gerichte inzwischen erste Entscheidungen getroffen, die die Wirksamkeit solcher Online-Beschlüsse bestätigen. Sie machen klar: Solange Einladung, Beschlussfähigkeit und Abstimmung nach den Regeln erfolgen, gibt es keinen Unterschied zur Präsenzveranstaltung. Das schafft Rechtssicherheit für Eigentümer und Beiräte gleichermaßen.
2. Warum die Angst unbegründet ist
Die meisten Sorgen rund um Online-Versammlungen lassen sich leicht entkräften:
„Ich komme technisch nicht zurecht“ – Die Teilnahme erfolgt über einen einfachen Link, ähnlich wie bei einem Telefonanruf. Verwalter bieten in der Regel technische Unterstützung, und die meisten Plattformen sind inzwischen so einfach bedienbar wie ein Fernseher.
„Ich verliere den Überblick bei den Abstimmungen“ – Abstimmungen laufen klar strukturiert und transparent, jede Stimme wird gezählt und protokolliert. Fehler sind sogar seltener als bei Handzeichen im Versammlungssaal.
„Die Diskussionen sind nicht möglich“ – Auch online können Wortmeldungen erteilt, Fragen gestellt und Debatten geführt werden. Oft verlaufen sie sogar geordneter, da die Sitzungsleitung besser steuern kann, wer wann spricht.
Diese Beispiele zeigen: Das, was zunächst fremd wirkt, ist in der Praxis meist unkompliziert.
Ein weiterer Punkt, der häufig übersehen wird: Die digitale Versammlung nimmt vielen Eigentümern die Hemmschwelle, sich zu beteiligen. Während in großen Sälen oft nur wenige Wortbeiträge erfolgen, nutzen bei Online-Formaten auch zurückhaltendere Personen die Gelegenheit, ihre Fragen einzubringen. Das stärkt die Demokratie innerhalb der Gemeinschaft.
3. Die Vorteile für Eigentümer
Wer einmal an einer virtuellen Versammlung teilgenommen hat, erkennt schnell die Vorteile. Eigentümer sparen sich die Anfahrt, lange Abende im Saal und können bequem von zu Hause aus teilnehmen. Für Berufstätige ist die Hürde deutlich niedriger, was die Teilnahmequote erhöht. Gerade ältere Eigentümer profitieren, da sie nicht mehr aufwändig reisen oder Fahrdienste organisieren müssen.
Zudem fördert die digitale Versammlung die Transparenz: Protokolle und Abstimmungen können direkt dokumentiert und im Eigentümerportal bereitgestellt werden. Missverständnisse oder Unklarheiten lassen sich leichter vermeiden.
Auch finanzielle Vorteile sind spürbar: Raummieten, Verpflegung oder Fahrtkosten entfallen. In großen Gemeinschaften können so jedes Jahr mehrere Tausend Euro eingespart werden – ein nicht zu unterschätzender Vorteil, der direkt der Instandhaltungsrücklage zugutekommt.
4. Die Vorteile für Beiräte
Beiräte stehen oft im Fokus, wenn es um Vorbereitung und Kontrolle geht. Auch für sie bietet die virtuelle Versammlung Vorteile: Sitzungen lassen sich effizienter planen, Vorabgespräche mit dem Verwalter können in denselben Systemen stattfinden, und die Unterlagen liegen digital bereit. Beiräte müssen nicht mehr umständlich Papierordner wälzen, sondern können live in Dokumente schauen und Fragen stellen.
Das entlastet die ehrenamtliche Arbeit erheblich. Außerdem stärkt es die Rolle des Beirats als Bindeglied: Wer weiß, wie digitale Kommunikation funktioniert, kann Sorgen der Eigentümer auffangen und Sicherheit geben.
Viele Beiräte berichten zudem, dass Online-Sitzungen eine professionellere Arbeitsatmosphäre schaffen. Während in Präsenz leicht Nebengespräche entstehen, sorgen digitale Formate für eine klarere Struktur. Entscheidungen werden zielgerichteter vorbereitet, was am Ende auch die Eigentümerversammlung selbst effizienter macht.
5. Der soziale Aspekt: Nähe trotz Distanz
Ein häufig genannter Kritikpunkt ist, dass in virtuellen Versammlungen der persönliche Kontakt fehlt. Tatsächlich zeigen Erfahrungen aus den letzten Jahren, dass dieser Kontakt nicht verschwindet – er verändert sich nur. Diskussionen finden weiterhin statt, manchmal sogar sachlicher, da hitzige Wortgefechte durch die Moderation besser steuerbar sind. Eigentümer, die sich sonst nicht äußern, trauen sich in der digitalen Umgebung eher, Fragen zu stellen.
Und nicht zuletzt: Die Gemeinschaft kann selbst entscheiden, ob sie rein virtuell, hybrid oder weiterhin in Präsenz tagen möchte. Die Digitalisierung schließt niemanden aus – sie eröffnet zusätzliche Möglichkeiten.
Gerade hybride Modelle – bei denen einige im Saal sitzen und andere per Videokonferenz teilnehmen – zeigen, dass Nähe und Flexibilität kein Widerspruch sind. So können Gemeinschaften alle Eigentümer einbinden, egal ob sie im Urlaub sind, körperlich eingeschränkt oder beruflich eingespannt.
6. Was Eigentümer konkret erwarten können
Eine virtuelle Versammlung läuft weitgehend genauso ab wie eine klassische: Einladung, Tagesordnung, Eröffnung durch den Verwalter, Diskussion, Abstimmung, Protokoll. Der einzige Unterschied: Statt in einem Saal sitzen die Teilnehmer an ihrem Computer oder Tablet.
Die Abstimmungen sind rechtssicher, die Beschlüsse wirksam. Wir stellen sicher, dass jeder Eigentümer die Möglichkeit hat, seine Stimme abzugeben. Wer unsicher ist, erhält vorab Unterstützung – sei es durch eine telefonische Einweisung oder durch eine Test-Verbindung.
Ein typischer Ablauf könnte so aussehen: Eine Woche vor der Versammlung erhalten alle Eigentümer eine Einladung mit einem sicheren Einwahllink zum Testen der Technik. So stellen wir sicher, dass alle Eigentümer in der Lage sein werden der Versammlung zu folgen. Auf Wunsch bieten wir auch einen individuellen Technik-Check für einzelne Eigentümer an.
Am Tag selbst eröffnet der Verwalter die Sitzung, prüft die Beschlussfähigkeit und führt wie gewohnt durch die Tagesordnung. Abstimmungen werden digital durchgeführt, die Ergebnisse sofort angezeigt und im Protokoll festgehalten. Nach der Versammlung steht das Protokoll sehr schnell im Eigentümerportal zum Abruf bereit.
Fazit: Keine Angst vor der digitalen Versammlung
Die virtuelle Eigentümerversammlung ist kein Experiment, sondern längst ein erprobtes und gesetzlich verankertes Instrument. Sie erleichtert die Teilnahme, senkt Kosten und stärkt die Transparenz. Die Ängste, die viele Eigentümer und Beiräte haben, sind verständlich, aber eigentlich unbegründet.
Die Erfahrung zeigt: Gemeinschaften, die sich auf die virtuelle Versammlung einlassen, profitieren von mehr Beteiligung, klareren Abläufen und weniger Konflikten.
In den kommenden Jahren wird sich die digitale Versammlung zum Standard entwickeln. Verbände wie der VDIV oder BVI arbeiten bereits an Qualitätsrichtlinien, Plattformanbieter entwickeln immer benutzerfreundlichere Systeme. Wer frühzeitig auf diese Entwicklungen setzt, verschafft seiner Gemeinschaft nicht nur organisatorische Vorteile, sondern auch ein positives Image: modern, digital, effizient und zukunftsorientiert.